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(Keine) unzulässige Beeinflussung der Betriebsratswahl?

von André Schiepel

Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit einer Betriebsratswahl.

SACHVERHALT: Die Betriebsratswahl war von Arbeitnehmern angefochten worden, die behaupteten, der Arbeitgeber habe entgegen § 20 Abs. 2 BetrVG verbotenerweise versucht, die Betriebsratswahl zu beeinflussen. § 20 Abs. 2 BetrVG verbietet die Beeinflussung der Wahl des Betriebsrats durch Zufügung oder Androhung von Nachteilen bzw. durch Gewährung oder Versprechen von Vorteilen. Dabei ist als Nachteil jedes Übel zu verstehen, das geeignet ist, die freie Meinungsbildung zu beeinträchtigen. Vorteil ist jede Vergünstigung, auf die kein Anspruch besteht. Die anfechtenden Arbeitnehmer sahen eine solche Wahlbeeinflussung in den Äußerungen der Geschäftsführung und der Personalleitung bei einer Veranstaltung vor rund 80 Anwesenden, etwa ein dreiviertel Jahr vor der Wahl. Bei dieser hatten Geschäftsführung und Personalleiter dahin gehend geäußert, dass die damalige Betriebsratsvorsitzende die Arbeit des Unternehmens behindere. Sie regten an, eine “gescheite Liste” bei der nächste Wahl aufzustellen und geeignete Mitarbeiter für den Betriebsrat zu suchen. Außerdem sagte der Personalleiter bei dieser Gelegenheit, dass die Wahl der Betriebsratsvorsitzenden „Verrat“ sei.

ENTSCHEIDUNG: Das BAG (Beschluss vom 25.10.2017 – 7 ABR 10/16) sah hierin keinen Versuch der Wahlbeeinflussung. Es stellte – im Gegensatz zum LAG – fest, dass dem Arbeitgeber nicht jegliche Äußerungen zur Wahl untersagt sei, sondern nur solche Handlungen, die Zufügung oder Androhung von Nachteilen bzw. Gewährung oder Versprechen von Vorteilen beinhalten. § 20 Abs. 2 BetrVG solle die innere Willensbildung der Arbeitnehmer und eine freiwillige Willensentscheidung gewährleisten. Durch kritische Äußerungen des Arbeitgebers sei diese Grenze nicht überschritten. Eine allgemeine Neutralitätspflicht des Arbeitgebers sei zum Schutz der Wahl nicht erforderlich. Durch die geheime Wahl nach § 14 Abs. 1 BetrVG sei im Übrigen sichergestellt, dass jeder Arbeitnehmer die Wahl nach seiner freien Überzeugung treffen kann. Welche Auswirkungen Äußerungen des Arbeitgebers haben, sei nicht messbar, sodass erst, wenn die Grenze des § 20 Abs. 2 BetrVG überschritten sei, eine unzulässige Wahlbeeinflussung vorläge und die Wahl anfechtbar ist.

HINWEIS: Das BAG präzisiert erfreulicherweise die Grenzen, in denen sich der Arbeitgeber im Rahmen der Be-triebsratswahl – und davor – äußern kann. Die bisher häufig vertretene Ansicht, dass der Arbeitgeber sich völlig neutral verhalten müsse, dürfte damit überholt sein. Der Sachverhalt beschränkt sich hier allerdings auf Mei-nungsäußerungen. Die Unterstützung einer Gruppe von Bewerbern mit Sachmitteln oder ähnlichem, dürften die Wahl im Regelfall anfechtbar machen.

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