Drohung mit Suizid/Amoklauf kann die fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses begründen
19.02.2018

Beginn der Ausschlussfrist für Ansprüche auf Entschädigung wegen Diskriminierung eines Bewerbers

von Dr. Jutta Cantauw

Die Parteien streiten über eine Entschädigung wegen Benachteiligung wegen der ethnischen Herkunft.

SACHVERHALT: Die Beklagte suchte über eine Jobvermittlung für die Zeit vom 18.03. bis 17.05.2013 zwei Bürohilfen. Im Anforderungsprofil wurde u. a. „Deutsch als Muttersprache“ gefordert. Der Kläger ist russischer Muttersprachler. Er bewarb sich mit Schreiben vom 12.02.2013 erfolglos auf die beiden Stellen. Eine Rückmeldung, dass die Stellen anderweitig besetzt worden waren, erhielt er erst am 11.09.2013 auf ausdrückliche Nachfrage. Mit einem der Beklagten am 07.11.2013 zugegangenem Schreiben verlangte der Kläger eine Entschädigung wegen Benachteiligung nach § 15 Abs. 2 AGG. Am 07.02.2014 erhob er Klage.

ENTSCHEIDUNG: Das BAG (Urteil vom 29.06.2017 – 8 AZR 402/15) bestätigte einen Entschädigungsanspruch des Klägers. Die in der Ausschreibung enthaltene Anforderung „Deutsch als Muttersprache“ benachteilige den Kläger ungerechtfertigt wegen seiner ethnischen Herkunft. Der Anspruch auf Entschädigung sei auch fristgerecht geltend gemacht worden. Nach § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG sei der Entschädigungsanspruch innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend zu machen. Die Frist beginne im Falle einer Bewerbung mit dem Zugang der Ablehnung (§ 15 Abs. 4 Satz 2 AGG). Für die Ablehnung sei zwar keine bestimmte Form vorgeschrieben. Erforderlich sei aber eine eindeutige Erklärung des Arbeitgebers, dass die betreffende Bewerbung keine Aussicht (mehr) auf Erfolg habe. Ein Schweigen oder sonstiges Untätigbleiben des Arbeitgebers reiche grundsätzlich nicht aus. Ebenso wenig reiche es aus, wenn der Bewerber nicht durch den Arbeitgeber, sondern auf andere Art und Weise erfahre, dass seine Bewerbung erfolglos geblieben sei. Die Ablehnung könne nur ausnahmsweise entbehrlich sein, z. B. wenn sie sich als reine Förmelei darstelle, weil der Bewerber auch ohne die Ablehnung eine sichere Kenntnis habe, dass seine Bewerbung erfolglos geblieben sei. Hier habe die Frist daher frühestens am 11.09.2013 zu laufen begonnen. Dass die Stellen lediglich für den Zeitraum 18.03. bis 17.05.2013 ausgeschrieben worden waren, stehe dem nicht entgegen.

HINWEIS: Für die Praxis bedeutet diese Entscheidung, dass Arbeitgeber darauf achten sollten, sämtlichen erfolglosen Bewerbern zeitnah nach Abschluss des Verfahrens in nachweisbarer Form eine ausdrückliche, unmissverständliche Ablehnung zukommen zu lassen. Nur so können die Fristen für etwaige Entschädigungsansprüche zuverlässig in Gang gesetzt werden.

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