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20.06.2018

Kein Annahmeverzug bei Wiedereingliederung

von Dr. Christoph Kistler

Die Parteien streiten über Vergütungsansprüche wegen Annahmeverzugs aufgrund einer nicht erfolgten Wiedereingliederungsmaßnahme.

SACHVERHALT: Der Kläger ist angestellter Lehrer des verklagten Bundeslands. Seit März 2007 war er arbeitsunfähig erkrankt. Seine Fachärztin empfahl am 18.05.2009 eine Maßnahme zur stufenweisen Wiedereingliederung in das Erwerbsleben. Das beklagte Land stimmt der Wiedereingliederung nicht zu. Mit Schreiben vom 25.08.2009 teilte der Kläger sodann mit, dass die Arbeitsunfähigkeit am 31.08.2009 enden und auch weiterhin eine Wiedereingliederung erfolgen solle. Ferner schlug er vor, dass er bis zur Entscheidung über die Wiedereingliederung freigestellt werde. Das beklagte Land verweigerte mit Schreiben vom 03.09.2009 einen schulischen Einsatz, solange die Arbeitsfähigkeit des Klägers nicht durch einen Amts- bzw. Vertrauensarzt überprüft sei. Mit Schreiben vom 14.10.2009 übermittelte der Kläger eine hausärztliche Bescheinigung, die bei Gewährung normaler schulischer Rahmenbedingungen eine sofortige volle Arbeitsfähigkeit attestierte und fordert, ihn aufgrund des bereits zuvor abgegebenen Angebots zu beschäftigen. Dieser Forderung kam das verklagte Bundesland ebenfalls nicht nach. Mit der vorliegenden Klage fordert der Kläger für die Zeit von November 2009 bis September 2011 Vergütung wegen Annahmeverzugs, hilfsweise Schadensersatz.

ENTSCHEIDUNG: Das BAG (Urteil vom 06.12.2017 – 5 AZR 815/16) wies die Klage ab und führt aus: Nach § 293 BGB komme ein Arbeitgeber nur dann in Annahmeverzug, wenn er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt. Der Arbeitnehmer müsse die Arbeitsleistung so anbieten, wie sie zu bewirken sei. Das Angebot einer Tätigkeit in einem Wiedereingliederungsverhältnis i. S. v. § 74 SGB V genüge dem nicht. Anders als das Arbeitsverhältnis sei das Wiedereingliederungsverhältnis nicht durch den Austausch von Leistung und Gegenleistung (die Erfüllung der vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung) gekennzeichnet, sondern durch den Rehabilitationszweck (die Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit). Auch das Schreiben vom 14.10.2009 sei nicht als Angebot der arbeitsvertraglichen Arbeitsleistung auszulegen. Der Kläger habe nur verlangt, ihn aufgrund der zuvor abgegebenen Angebote zu beschäftigen. Die in Bezug genommenen bisherigen Arbeitsangebote hätten sich aber auf ein Wiedereingliederungsverhältnis bezogen. Jedenfalls fehle ein deutlicher Hinweis, dass der Kläger nun seine vertragliche geschuldete Leistung anbieten wollte. Ein Schadenersatzanspruch scheide aus, da eine Verletzung von Fürsorgepflichten nicht gegeben sei.

HINWEIS: Das BAG stellt zutreffend klar, dass das Angebot einer Tätigkeit in einem Wiedereingliederungsverhältnis keinen Annahmeverzug auslöst. Beim Wiedereingliederungsverhältnis handelt es sich nämlich nicht um einen Teil des Arbeitsverhältnisses. Vielmehr stellt es ein Vertragsverhältnis eigener Art (sui generis) dar. Damit steht es dem Arbeitgeber frei, einer Wiedereingliederungsmaßnahme zuzustimmen oder nicht. Eine Ablehnung stellt auch keine Verletzung von Fürsorgepflichten dar. In diesem Zusammenhang ist jedoch zu beachten, dass in Bezug auf schwerbehinderte oder diesen gleichgestellte Arbeitnehmer etwas anderes gilt: Diese können nach § 164 Abs. 4 S. 1 SGB IX (zuvor: § 81 Abs. 4 S. 1 SGB IX) einen Anspruch auf Beschäftigung im Rahmen einer Wiedereingliederung haben (vgl. BAG vom 13.06.2006 – 9 AZR 229/05).

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