Reisekosten eines Betriebsratsmitglieds
21.06.2019
Wir suchen Verstärkung (m/w/d)
06.08.2019

Vorsicht bei der Ablehnung von Teilzeit in Elternzeit – Präklusion von Ablehnungsgründen

Dr. Christoph Kistler

Sachverhalt: Mit Ihrer Klage begehrt die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur Zustimmung hinsichtlich ihres Antrags auf Teilzeit während der Elternzeit.
Die Klägerin hatte für den Zeitraum vom 07.04.2015 bis zum 06.04.2017 Elternzeit in Anspruch genommen. Mit Schreiben vom 08.07.2016 beantragte sie Teilzeit in Elternzeit ab dem 01.11.2016. Bereits mit Schreiben vom 11.07.2016 lehnte die Beklagte dies ab, ohne Gründe anzugeben. Mit Schreiben vom 22.07.2016 wiederholte die Beklagte die Ablehnung und begründete diese nun damit, dass der Arbeitsplatz der Klägerin für die Dauer der geplanten Elternzeit bereits anderweitig besetzt worden sei. Mit Schreiben vom 01.08.2016 beantragte die Klägerin erneut Teilzeit in Elternzeit mit den gleichen Parametern. Hintergrund für den erneuten Antrag war der Umstand, dass eine Mitarbeiterin aus der Abteilung der Klägerin ihr Arbeitsverhältnis gekündigt hatte. Die Beklagte lehnte auch diesen Antrag ab; ob hierbei Gründe genannt wurden, ist dem Urteil nicht zu entnehmen. Das LAG Köln wies die Klage als unzulässig ab, da zum Zeitpunkt des Urteils die Elternzeit bereits beendet war.

Entscheidung: Das BAG (Beschluss vom 11.12.2018 9 AZR 298/18) hob das Urteil des LAG Köln auf und verwies die Sache zurück. Die Klage sei zulässig. Trotz bereits zwischenzeitlich beendeter Elternzeit bestehe ein Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin: Hätte der Klägerin ein Anspruch auf Gewährung der Teilzeit in Elternzeit zugestanden, würde die Beklagte im Hinblick auf diesbezügliche, vereitelte Vergütungsansprüche haften (§§ 611 a Abs. 2, 326 Abs. 2 1. Alt. i.V.m. 275 Abs. 1 BGB).

Hinsichtlich des Anspruchs auf Teilzeit in Elternzeit wies das BAG auf folgende Aspekte hin: Es betonte, dass an das objektive Gewicht von Ablehnungsgründen erhebliche Anforderungen zu stellen seien. Zudem sei vorliegend von zwei separaten Anträgen auszugehen. Jeder dieser Anträge musste form- (Schriftform – eigenhändige Namensunterschrift) und fristgerecht (binnen vier Wochen) abgelehnt werden. Die Ablehnungsschreiben mussten die Gründe für die Ablehnung enthalten. In einem späteren Prozess dürfe sich der Arbeitgeber nur auf die im Ablehnungsschreiben genannten Gründe berufen. Die Begründung solle den Arbeitnehmer nämlich in die Lage versetzen, Chancen eines Rechtsstreits zu bewerten. Lediglich im Hinblick auf den Umfang bzw. die Tiefe der Begründung schränkt das BAG ein, dass es weder einer „schlüssigen“ noch einer „substanziierten“ Darlegung der Gründe bedürfe.

Hinweis: Das BAG beschäftigte sich vorliegend mit der bis dahin umstrittenen Frage, ob der unterlassenen Nennung von Ablehnungsgründen im Ablehnungsschreiben eine Präklusionswirkung zukommt (gegen eine solche hatte sich beispielsweise das LAG Baden-Württemberg ausgesprochen, vgl. Urteil vom 23.11.2006 – 7 Sa 95/06). Auch wenn die Entscheidung nun zulasten der Arbeitgeber ausging, schafft sie doch jedenfalls Klarheit für die Praxis. Für Arbeitgeber bedeutet dies einen gesteigerten Aufwand. Sie haben zukünftig bereits vor der form- und fristgerechten Ablehnung eines Elternteilzeitantrags gründlich sämtliche potentiellen Ablehnungsgründe zu ermitteln und diese im Ablehnungsschreiben anzugeben. Sollten dem Arbeitgeber später noch weitere Ablehnungsgründe einfallen, wird er sich auf diese nicht mehr berufen können. Zudem spricht ein weiterer Grund gegen eine vorschnelle Ablehnung eines Elternteilzeitantrages: Sollte sich die Ablehnung später als unwirksam heraus-stelle, haftet der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer für entgangenen Vergütung infolge der Nichtbeschäftigung.

Alle Anwälte