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von André Schiepel
Sachverhalt: Der Kläger ist als Anlagenfahrer im Bereich der Müll- und Klärschlammverbrennungsanlage einer Kommune beschäftigt. Er ist im vollkontinuierlichen Wechselschichtbetrieb tätig.
Die beklagte Arbeitgeberin führte für die Mitarbeiter ein Arbeitszeitkonto. Auf diesem Arbeitszeitkonto erhielten die Mitarbeiter eine Gutschrift, wenn sie an einem Vorfeiertag, also am 24. Dezember oder 31. Dezember eines Jahres arbeiteten. Hinzu kam ein Zuschlag von 40 %. Hatten die Mitarbeiter an diesem Tag planmäßig frei, erhielten sie keine derartige Gutschrift.
Der Kläger war der Auffassung, dass entsprechend der Regelung für Feiertage auch für die Vorfeiertage eine entsprechende Zeitgutschrift zu erfolgen habe, wenn er an diesen Tagen dienstplanmäßig frei habe.
Er berief sich hierzu u. a. auf die vergleichbaren Regelungen in § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD–AT sowie § 6 Abs. 2 Satz 3 TVöD–K. Er behauptete, dass diese Regelungen als grundsätzliche Wertentscheidung der Tarifvertragsparteien analog auf den TV-V anzuwenden seien, im Übrigen wiese der TV-V eine planwidrige Regelungslücke auf. Die Tarifvertragsparteien hätten nicht erkennbar eine Benachteiligung der Wechselschichtarbeitnehmer vereinbaren wollen.
Entscheidung: Das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 11.07.2019 – 6 AZR 460/18) bestätigte die klageabweisenden Entscheidungen der Vorinstanzen.
Es stellt zunächst fest, dass in § 8 Abs. 3 Satz 1 TV-V eine eigene Regelung für die Behandlung der Feiertage und Vorfeiertage beinhalte. Der TV-V differenziere dabei gerade zwischen Vorfeiertagen und Feiertagen. Die Tarifvertragsparteien dürften eine derartige Differenzierung vornehmen. Eine Vergleichbarkeit mit den Regelungen in § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-AT bzw. § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-K sei wegen der klaren eigenen Regelung in § 8 Abs. 3 TV-V nicht gegeben. Auch die Identität der tarifschließenden Parteien gebiete kein einheitliches Verständnis der Tarifwerke.
Ebenso wenig käme eine ergänzende Vertragsauslegung des Tarifvertrages in Betracht. Eine solche sei nur möglich, wenn der Tarifvertrag eine Regelungslücke beinhalte Es fehle insofern schon an einer ausfüllungsbedürftigen Regelungslücke.
Die Entscheidung der Tarifvertragsparteien verstoße auch nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG. Selbst wenn im konkreten Einzelfall aufgrund der tariflichen Gutschriften eine Ungleichbehand-lung zwischen den Personen auftrete, die dienstplanmäßig frei haben und den anderen, die an diesen Tagen arbeiten müssen, so ließe sich eine derartige Ungleichbehandlung nicht in jedem Falle vermeiden. Sie sei auf jeden Fall von dem nach Art. 9 Abs. 3 Grundgesetz geschützten Gestaltungsspielraum gedeckt.
Hinweis: Mit dieser Entscheidung ist die Vergütungsfrage von den Vorfeiertagen abschließend geklärt. Das BAG hat sich erfreulicherweise auch geweigert, Tarifverträge mit dem Bezug auf den öffentlichen Dienst ohne Ansehung des konkreten Tarifwerkes gleich zu behandeln.