Erfolg beim Ranking der WirtschaftsWoche
27.05.2022
Erfolg beim Handelsblatt-Ranking
30.06.2022

Urlaubsberechnung bei Kurzarbeit Null

von Katharina König

Sachverhalt: Die Parteien stritten über die Berechnung des Urlaubsanspruchs bei „Kurzarbeit Null“. Die Klägerin war in einer Dreitagewoche in Teilzeit bei der Beklagten tätig. Der zwischen den Parteien geschlossene Arbeitsvertrag sah bei einer Sechstagewoche einen jährlichen Erholungsurlaub von 28 Werktagen vor. Bei einer vereinbarten 3-Tage-Woche entsprach dies einem Urlaubsanspruch von 14 Arbeitstagen. Aufgrund Arbeitsausfalls durch die Corona-Pandemie führte die Beklagte auf einzelvertraglicher Grundlage Kurzarbeit ein. In den Monaten Juni, Juli und Oktober 2020 arbeitete die Klägerin daher überhaupt nicht. Im November und Dezember 2020 arbeitete sie nur an fünf Tagen.

Aufgrund dessen berechnete die Beklagte den Jahresurlaubsanspruch der Klägerin auf 11,5 Arbeitstage. Die Klägerin klagte hiergegen. Sie war der Auffassung, ihr stünden weiterhin 14 Arbeitstage als Urlaubsanspruch zu. Eine Kürzung sei nicht zulässig, Die, aufgrund von Kurzarbeit ausgefallenen Arbeitstage, seien bei der Berechnung des Urlaubsanspruchs wie Tage mit Arbeitspflicht zu behandeln.

Entscheidung: Die Vorinstanzen wiesen die Klage ab. Auch die zugelassene Revision beim BAG (Urteil v. 30.11.2021 – 9 AZR 225/21) hatte keinen Erfolg. Ein Anspruch der Klägerin auf weitere 2,5 Arbeitstage Erholungsurlaub bestand nicht. Der gesamte Urlaubsanspruch der Klägerin für das Jahr 2020 berechnet sich nach §§ 1, 3 Abs. 1, § 4 BUrlG. Nach § 3 Abs. 1 BUrlG beläuft sich der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub bei einer gleichmäßigen Verteilung der Arbeit auf sechs Tage in der Woche auf 24 Werktage. Ist die Arbeitszeit eines Arbeitnehmers nach dem Arbeitsvertrag auf weniger oder mehr als sechs Arbeitstage in der Kalenderwoche verteilt, ist die Anzahl der Urlaubstage grundsätzlich unter Berücksichtigung des für das Urlaubsjahr maßgeblichen Arbeitsrhythmus zu berechnen, um für alle Arbeitnehmer eine gleichwertige Urlaubsdauer zu gewährleisten (24 Werktage x Anzahl der Tage mit Arbeitspflicht geteilt durch 312 Werktage, vgl. BAG 19. März 2019 – 9 AZR 406/17). Dies gilt entsprechend für den vertraglichen Mehrurlaub, wenn die Arbeitsvertragsparteien, wie hier, für die Berechnung des Urlaubsanspruchs keine von § 3 Abs. 1 BUrlG abweichende Vereinbarung getroffen haben.

Bei der 3-Tage Woche der Klägerin und einem vertraglich vereinbarten Urlaub von 28 Werktagen bei einer 6-Tage Woche besteht zunächst ein Anspruch auf 14 Arbeitstage Urlaub (28 Werktage x 117 Tage mit Arbeitspflicht geteilt durch 312 Werktage). Allerdings führt nach dem BAG der kurzarbeitsbedingte Ausfall ganzer Arbeitstage zu einer Neuverteilung der Arbeitszeit, in Folge derer der Jahresurlaub entsprechend § 3 Abs. 1 BUrlG neu zu berechnen sei.

Die aufgrund der Kurzarbeit ausgefallenen Arbeitstage seien bei der Berechnung des Urlaubsumfangs nicht Zeiten mit Arbeitspflicht gleichzustellen. Arbeitstage, die wegen Kurzarbeit ausfallen, werden hingegen bei der Berechnung des Jahresurlaubs behandelt wie Tage, an denen ein in Teilzeit beschäftigter Arbeitnehmer nicht arbeiten muss. Zweck des Anspruchs auf bezahlten Erholungsurlaub sei zum einen die Erholung von der Ausübung der nach dem Arbeitsvertrag obliegenden Aufgaben und zum anderen die Verfügung über einen Zeitraum der Erholung, Entspannung und Freizeit. Das in Arbeitstagen Urlaub ausgedrückte Erholungsbedürfnis stehe also in einem inneren Zusammenhang mit der arbeitsvertraglich geschuldeten Arbeitsleistung und verringert sich, wenn Arbeits-tage in Folge Kurzarbeit ausfallen.

Daher übersteigt der Urlaubsanspruch aus dem Jahr 2020 nicht die von der Beklagten berechneten 11,5 Arbeits-tage. Schon bei Zugrundelegung der drei Monate, in denen die Arbeit vollständig ausgefallen sei (13 Wochen i.S.v. § 11 Abs. 1 Satz 1 BurlG x 3 Arbeitstage pro Woche = 39 Arbeitstage), habe die Klägerin nur einen Urlaubsanspruch von 10,5 Arbeitstagen (28 Werktage x 117 Tage mit Arbeitspflicht (156 abzgl. 39) geteilt durch 312 Werktage).

Hinweis: Die Entscheidung gibt Rechtsicherheit für ein aktuelles und relevantes Thema. Die Rechtsprechung des BAG folgt damit der Rechtsprechung des EuGH Urteil vom 8. November 2012 (C-229/11, C-230/11), wo-nach Kurzarbeiter mit „vorübergehend teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmern“ gleichzusetzen seien und Urlaub proratatemporis gekürzt werden dürfe. Wurde also Kurzarbeit durch Individualvereinbarung oder kollektivrechtliche Vereinbarung (vgl. hierzu BAG, Urteil vom 30.11.2021 – 9 AZR 234/21) wirksam eingeführt, kann der Urlaubsanspruch gekürzt werden. Allerdings gilt dies nur bei dem Entfall ganzer Arbeitstage. Zudem darf nicht außer Acht gelassen werden, dass eine Kürzung des Urlaubs wegen Kurzarbeit nur möglich ist, wenn die Kurzarbeit rechtlich wirksam eingeführt worden ist. Die Anforderungen dafür sind hoch.

Alle Anwälte