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Zugang einer Kündigung
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Anrechnung des Resturlaubs bei unwiderruflicher Freistellung nach Kündigung zulässig

von Dr. Aida Saip

Sachverhalt: Die Klägerin war bei der Beklagten als Altenpflegerin zu einem Bruttomonatsgehalt von 2.450 Euro beschäftigt. Arbeitsvertraglich stand der Klägerin ein Jahresurlaub von 28 Werktagen zu. Mit Schreiben vom 24.4.2017 kündigte die Klägerin das Arbeitsverhältnis zum 31.05.2017. Mit Schreiben vom 02.05.2017 erklärte die beklagte Arbeitgeberin gegenüber der Klägerin, dass sie, die Klägerin, im Mai nicht im Dienstplan eingeteilt, sondern unter Anrechnung ihrer Überstunden und Urlaubsansprüche unwiderruflich freigestellt wird. Die Klägerin war mit der Anrechnung der Urlaubsansprüche nicht einverstanden und verlangte von der Beklagten eine anteilige Urlaubsabgeltung für zehn Urlaubstage in Höhe von 1.130,80 Euro.

Die Klägerin war der Auffassung, die Verrechnung der zehn Urlaubstage mit der von der Beklagten ausgesprochenen Freistellungserklärung sei nicht wirksam, da ihr die Beklagte weder die Urlaubsvergütung vor Antritt des Urlaubs ausgezahlt noch diese vor Urlaubsantritt vorbehaltlos zugesagt habe.

Entscheidung: Das BAG (Urteil vom 20.08.2019 – 9 AZR 468/18) bestätigte die klageabweisenden Entscheidungen der Vorinstanzen.

Das BAG stellte zunächst fest, dass die Freistellungserklärung vom 02.05.2017 eine sog. atypische Willenserklärung darstelle. Mit dieser Erklärung hat die beklagte Arbeitgeberin den Urlaub wirksam erteilt und damit den Urlaubsanspruch der Klägerin erfüllt. Damit bestehe kein Resturlaub mehr, der abzugelten wäre.

Der Erfüllungswirkung nach § 362 BGB stehe nicht entgegen, dass die Beklagte nicht festgelegt hat, an welchen Tagen der Freistellung die Urlaubsgewährung erfolge. Eine solche zeitliche Festlegung des Urlaubszeitraums sei grundsätzlich nicht erforderlich.

Das BAG führte weiter aus, dass § 1 des Bundesurlaubsgesetzes, wonach der Arbeitnehmer gegen bezahlten Erholungsurlaub von der Arbeit freigestellt wird, die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Zahlung von Urlaubsentgelt zu entnehmen ist.

Nach Auffassung des BAG sei in der Freistellungserklärung vom 02.05.2017 hinreichend erkennbar, dass die Beklagte das Urlaubsentgelt zahlen werde. Als Begründung führt es aus, dass bei Urlaubsgewährung durch den Arbeitgeber grundsätzlich davon auszugehen sei, dass der Arbeitgeber den Urlaub wirksam gewähren möchte. Das setzt voraus, dass dem Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Urlaubs entweder das Urlaubsentgelt ausgezahlt wird oder ein Anspruch auf Vergütung sicher sein muss. Da die Beklagte im vorliegenden Fall das Urlaubsentgelt nicht vor Urlaubsantritt ausgezahlt habe, sei die Urlaubserteilung der beklagten Arbeitgeberin nach Treu und Glauben gesetzeskonform so zu verstehen, dass sie der Zahlung von Urlaubsentgelt nachkommen werde, sofern dem keine konkreten Anhaltspunkte entgegenstehen.

Hinweis: Das BAG bestätigte seine bisherige Rechtsprechung zur Freistellung des Arbeitnehmers nach Kündigung unter gleichzeitiger Anrechnung des Resturlaubs zur Erfüllung des Urlaubsanspruchs. Unschädlich ist dabei die nicht näher bestimmte Urlaubsfestlegung. Das kann für den Arbeitgeber jedoch dann nachteilig sein, wenn der Arbeitnehmer in der Freistellung ein Zwischenverdienst hatte. Erklärt der Arbeitgeber in der Freistellungserklärung nicht, dass ein etwaiger Zwischenverdienst angerechnet wird, so kann eine fehlende arbeitgeberseitige Erklärung dahin ausgelegt werden, dass der Arbeitgeber auf die Anrechnung des Zwischenverdienstes verzichtet.

 

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