Wir sind eine überörtliche Fachkanzlei für Arbeitsrecht und bundesweit tätig. Wir beraten große Konzerne, mittelständische Unternehmen, soziale und öffentlich-rechtliche Organisationen sowie Führungskräfte. Als Spezialisten sind wir auch in der betrieblichen Altersversorgung und an Schnittstellen zum Gesellschafts-, Sozial- und Verwaltungsrecht tätig.
von André Schiepel
Sachverhalt: Der beteiligte Betriebsrat hat die Arbeitgeberin auf Auskunft über alle auftretenden Fälle einer Schwangerschaft im Betrieb in Anspruch genommen.
Die Arbeitgeberin hatte dem Betriebsrat Auskünfte hierüber verweigert, wenn die betroffenen Arbeitnehmerinnen in einem vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Formblatt angegeben hatten, dass sie eine Information des Betriebsrates nicht wünschten.
Entscheidung: Das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht München hatten dem Antrag des Betriebsrates stattgegeben. Das Bundesarbeitsgericht hat die Entscheidung des LAGs aufgehoben (Beschluss vom 09.04.2019 – 1 ABR 51/17) und zur neuen Entscheidung zurückverwiesen. Im Kern stützt das BAG seine Entscheidung auf die folgenden Erwägungen:
Zunächst hielt das BAG fest, dass Anspruchsvoraussetzung für den Auskunftsanspruch des Betriebsrates nach § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG ist, das grundsätzlich eine Aufgabe des Betriebsrats gegeben ist und die gewünschte Information zur Wahrnehmung dieser Aufgabe auch erforderlich ist.
Dies hat der Betriebsrat entsprechend darzulegen. Der Umstand allein, dass ein zugunsten der Arbeitnehmer geltendes Schutzgesetz vorhanden ist, dass der Betriebsrat überwachen will, reicht insofern nicht aus. Der Betriebsrat muss daher die konkrete normative (Arbeitsschutz) Vorgabe, deren Durchführung er zu überwachen hat und die sein Auskunftsverlangen tragen soll, aufzeigen. Kann der Schutz nur im Hinblick auf konkrete betriebliche Gegebenheiten greifen, sind diese gleichfalls anzugeben. Nur bei einem so gehaltenen Tatsachenvortrag kann nach dem BAG eine Prüfung erfolgen, ob die beanspruchte Auskunft für die Wahrnehmung der aufgezeigten Aufgabe erforderlich ist.
Neben der Erforderlichkeit ist die datenschutzrechtliche Zulässigkeit der Information an den Betriebsrat zu über-prüfen. Auch wenn der Betriebsrat nicht Dritter im Verhältnis zum Arbeitgeber ist, müssen die Informationen an ihn datenschutzrechtlich zulässig sein.
Grundsätzlich ist von der Rechtmäßigkeit einer solchen Datenerhebung auszugehen, wenn die dargestellten Anforderungen an den Informationsanspruch und insbesondere an die Erforderlichkeit der Information zur Aufgabenerfüllung des Betriebsrates gegeben sind.
Bei besonders geschützten personenbezogenen Daten bedarf es darüber hinaus nach § 26 Abs. 3 Satz 3 iVm. § 22 Abs. 2 BDSG besonderer Maßnahmen, um die Interessen der Arbeitnehmer entsprechend zu schützen.
Der Betriebsrat muss daher bei der Geltendmachung eines auf sensible Daten gerichteten Auskunftsbegehren das Vorhalten von Maßnahmen darlegen, welche die berechtigten Interessen der betroffenen Mitarbeiter – im konkreten Beispiel der der die Schwangerschaft mitteilenden Arbeitnehmerinnen – entsprechend wahren. Der Betriebsrat muss daher Vorkehrungen treffen, die bei wertender Betrachtung die in § 22 Abs. 2 Satz 2 BDSG auf-geführten Kriterien erfüllen. Dies ist Teil des Auskunftsbegehrens des Betriebsrats. Ohne diese Mitteilung ist das Auskunftsbegehren des Betriebsrates unwirksam.
Ausdrücklich hält das BAG fest, dass der Umstand, dass die Arbeitnehmerin im konkreten Fall die Weitergabe der Daten an den Betriebsrat untersagt hatte, keine Rolle spielt. Dies sei weder für die Frage, ob die Information an den Betriebsrat erforderlich ist, relevant, noch im Rahmen der datenschutzrechtlichen Abwägung zu berücksichtigen. Bei Vorliegen aller Voraussetzungen sei das informationelle Selbstbestimmungsrecht gewahrt.
Hinweis: Das BAG passt seine Rechtsprechung in Bezug auf die datenschutzrechtlichen Anforderungen an die Datenverarbeitung durch den Betriebsrat an die neue Rechtslage seit Inkrafttreten der DSGVO und des BDSG (neu) an. Danach muss der Betriebsrat zumindest für sensible Daten ein eigenes Datenschutzkonzept vorhalten und dieses auch dem Arbeitgeber mitteilen, wenn er für solche Arten von Daten Informationen anfordert. Da die Erforderlichkeit des Informationsanspruchs des Betriebsrates gleichzeitig datenschutzrechtliche Voraussetzung für die Berechtigung zur Weitergabe der Daten an den Betriebsrat ist, muss der Arbeitgeber auf die Prüfung dieses Merkmals in der Zukunft besonders Augenmerk richten.