update Arbeitsvertrag 2019 – maat Praktikerrunde am 28. März 2019
26.02.2019

Außerordentliche Kündigung wegen mit Personalreferentin und Vorgesetztem abgestimmtem Fehlverhalten

von Dr. Jutta Cantauw

Sachverhalt: Das BAG hatte zu entscheiden, ob ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung auch dann vorliegt, wenn ein Arbeitnehmer in Absprache mit Personalreferentin und Vorgesetztem über Jahre seine Arbeitszeit falsch dokumentiert und aufgrund dessen Vergütung erhält, auf die er keinen Anspruch hat.

Der auf Basis des TVöD beschäftigte Kläger war zum Abteilungsleiter befördert worden. Knapp 2 Jahre nach der Beförderung wies ihn die Personalreferentin darauf hin, dass mit der Ernennung zum Abteilungsleiter sein Anspruch auf seine Erschwerniszulage gemäß § 19 TVöD entfallen sei und diese gegebenenfalls auch für die Vergangenheit zurückgefordert werden könnte. Der Kläger empfand dies als Missachtung seiner Arbeit. Die Personalreferentin schlug dem Kläger daraufhin in Anwesenheit dessen Vorgesetztem vor, in der von ihm zu erstellenden Überstundendokumentation zusätzliche Überstunden in Höhe des durchschnittlichen monatlichen Zuschlagsbetrages aufzuschreiben, um den Wegfall des Zuschlags auszugleichen, während man versuche, eine Höhergruppierung zu betreiben. Entsprechend wurde über ca. 5 Jahre verfahren. Die Nachweise wurden von seinem Vorgesetzten abgezeichnet. Im Rahmen von Jahresabschlussarbeiten für das Wirtschaftsjahr 2015/2016 fielen der Beklagten schließlich Auffälligkeiten bei den Überstundenauszahlungen an den Kläger auf. Damit konfrontiert räumte der Kläger ein, dass es sich bei einem Teil der eingetragenen Überstunden nicht um echte Überstunden, sondern einen „GRAU-AUSGLEICH“ der verweigerten Zulage handele. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis daraufhin außerordentlich fristlos. Im Kündigungsrechtsstreit berief sich der Kläger darauf, sein Handeln sei durch die Personalreferentin und den direkten Vorgesetzten abgesichert gewesen. Die Erschwerniszulage stehe ihm tatsächlich auch zu. Er habe darauf vertraut, dass die Personalreferentin zulässige Lösungsmöglichkeiten vorschlage und befugt sei, rechtlich verbindliche Erklärungen abzugeben.

Entscheidung: Anders als die Vorinstanzen bestätigte das BAG (Urteil vom 13.12.2018 – 2 AZR 370/18) die Kündigung. Der vorsätzliche Verstoß des Klägers gegen seine Verpflichtung zur korrekten Arbeitszeitdokumentation werde nicht dadurch gerechtfertigt, dass andere Arbeitsleistungen zwar erbracht, aber nicht ordnungsgemäß abgerechnet worden seien. Die Beklagte müsse sich das Verhalten von Personalreferentin und Vorgesetztem nicht zurechnen lassen. Der Kläger habe nicht auf eine Berechtigung der Personalreferentin und seines Vorgesetzten vertraut. Er musste damit rechnen, dass er nicht anstelle der Erschwerniszuschläge tatsächlich nicht geleistete Überstunden abrechnen dürfe. Insbesondere konnte er nicht darauf vertrauen, dass die Beklagte entsprechende Vereinbarungen schließen oder billigen würde, weil die Personalreferentin dem Kläger mitgeteilt hatte, in Bezug auf die Erschwerniszuschläge bei der Beklagten „keine Chance“ zu haben.

Im Rahmen der Interessenabwägung gewichtet das BAG die vorsätzliche Pflichtverletzung des Klägers als besonders schwerwiegend. Angesichts des langjährigen, systematischen Fehlverhaltens falle die Anstiftung durch die Personalreferentin und das Zusammenwirken mit dem Vorgesetzten demgegenüber nicht maßgebend ins Gewicht. Dass der Kläger den Wegfall der Zuschläge als in hohem Maße ungerecht empfand und in dieser Haltung durch die Personalreferentin und seinem Vorgesetzten bestärkt worden sei, rechtfertige es nicht, dies eigenmächtig und außerhalb jeglicher vertraglicher Regelungen „auszugleichen“. Das bewusste, kollusive Zusammenwirken zum Nachteil der Beklagten entlaste den Kläger nicht, sondern verstärke im Gegenteil das Gewicht der Pflichtverletzung, da der gegenüber der Beklagten begangene Vertrauensmissbrauch durch diese auf Heimlichkeit angelegte Vorgehensweise vergleichsweise sicher vor Entdeckung umgesetzt werden konnte.

Hinweis: Im zu entscheidenden Fall lag eine äußerst schwerwiegende Pflichtverletzung vor. Anders als die Vorinstanzen wertet das BAG die Anstiftung durch die Personalreferentin und die Mitwirkung durch den Vorgesetzten nicht zugunsten des Klägers, sondern stellt erfreulich klar fest, dass sich der Arbeitgeber solche rechtswidrigen Abreden mit Vorgesetzten und/oder Personalverantwortlichen jedenfalls dann nicht zurechnen lassen muss, wenn dem Arbeitnehmer bewusst sein musste, dass die vereinbarte Vorgehensweise vom Arbeitgeber nicht gebilligt wird.

 

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