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Arbeitgeber dürfen Rot als Farbe der Arbeitsschutzhose vorschreiben

 

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen. Das gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Darunter fällt etwa die Erteilung eines Alkoholverbots am Arbeitsplatz oder Anordnungen hinsichtlich der Kleidung und des äußeren Erscheinungsbilds der Arbeitnehmer. Dieses arbeitgeberseitige Weisungsrecht ist in § 106 der Gewerbeordnung (GewO) ausdrücklich verankert. Doch wo verlaufen die Grenzen dieses Weisungsrechts, wann muss sich der Arbeitnehmer an eine Weisung halten? In Nordrhein-Westfalen hat sich hierzu jüngst ein kurioser Fall abgespielt.

 

Festlegung des Tragens einer roten Arbeitsschutzhose in der betrieblichen Kleiderordnung

 

Im Oktober 2023 legte der Arbeitgeber eines 43-jährigen Handwerksmeisters, der in der Produktion eines Industriebetriebes arbeitete, in der betrieblichen Kleiderordnung fest, dass eine rote Arbeitsschutzhose zu tragen sei. Diese trug der Handwerker bereits jahrelang zuvor – Probleme hatte er mit der Farbe bis dato noch nie. Gründe für diese Regelung in der betrieblichen Kleiderordnung waren die Wahrung der Corporate Identity, die Geeignetheit als Signalfarbe zum Schutz der Arbeitnehmer sowie zur Erkennbarkeit in Abgrenzung zu externen Beschäftigten. Mit Inkrafttreten der neuen Hausordnung weigerte sich der Arbeitnehmer jedoch plötzlich und erschien mehrfach in schwarzer oder grauer Hose zur Arbeit. Der Grund für diesen Sinneswandel ist nicht bekannt. Der Arbeitgeber sprach zwei Abmahnungen und schließlich nach dem dritten Verstoß die ordentliche Kündigung aus. Der – der roten Farbe offenbar abneigend gegenüberstehende – Handwerker sah daraufhin dann doch „Rot“ und wehrte sich gegen die Kündigung.

 

Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht: Kündigung ist wirksam

 

Das Arbeitsgericht Solingen (v. 15.03.2024 – 1 Ca 1749/23) und dem folgend das Landesarbeitsgericht Düsseldorf (v. 21.05.2024 – 3 SLa 224/24) hielten die Kündigung für wirksam.
Die Vorgaben in der Kleiderordnung, eine rote Hose zu tragen, seien vom Weisungsrecht gedeckt. Bei der Ausübung des Weisungsrechts müsse sich der Arbeitgeber in den Grenzen des billigen Ermessens halten. Hierfür seien sachliche Gründe des Arbeitgebers notwendig, denen keine berechtigten Interessen des Arbeitnehmers entgegenstehen. Für die beiden Gerichte war der Fall klar: Die rote Hose sei eine Arbeitsschutzkleidung, die vor allem auch dem Schutz der Arbeitnehmer dient. Da konnte das ästhetische Empfinden des Klägers bei der Interessenabwägung nicht mithalten, zumal dieser die rote Hose jahrelang ohne Beanstandung getragen hatte.
Im Kern lag damit eine beharrliche Vertragspflichtverletzung des Handwerksmeisters vor, die nach erfolgten Abmahnungen zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses führte.

 

Arbeitskleidung ist häufig ein Streitthema

 

In Arbeitsverhältnissen ist eine vorgeschriebene Arbeitskleidung durchaus üblich, Gerichte haben sich mit diesem Thema schon häufiger befasst. Grundsätzlich sind für die Vorgaben einer Kleiderordnung betriebsbezogene, sachliche Gründe des Arbeitgebers notwendig (z. B. einheitliches Auftreten vor Kunden im Servicebereich, Schutz der Arbeitnehmer), denen keine berechtigten Interessen des Arbeitnehmers entgegenstehen dürfen. Hier spielen vor allem Grundrechte der Arbeitnehmer eine wesentliche Rolle. Sofern die Vorgaben des Arbeitgebers nicht in den Intimbereich der Arbeitnehmer eingreifen, billigt die Rechtsprechung diese in aller Regel. Schwierig wird es, wenn beispielsweise die Religionsfreiheit oder die Gleichberechtigung betroffen sind. Letzteres betrifft etwa die Fallgestaltung, dass eine Kleiderordnung lediglich für weibliche Mitarbeiter verpflichtend ist, für männliche Mitarbeiter dagegen nicht. Solch eine Kleiderordnung wäre jedenfalls dann unwirksam, sofern es – wie wohl häufig – am sachlichen Grund für diese Differenzierung fehlt.

 

Konsequent abmahnen!

 

Arbeitgeber können nicht nur in Bezug auf Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung, sondern auch im Hinblick auf Ordnung und Verhalten der Arbeitnehmer im Betrieb von ihrem Weisungsrecht Gebrauch machen. Unter Letzteres fallen etwa die Erteilung von Alkohol- und Rauchverboten, das Verbot des Mitbringens von Haustieren in den Betrieb, die Durchführung von Eingangskontrollen oder eben die Weisung, eine bestimmte Kleiderordnung zu befolgen.

Sofern Arbeitnehmer gegen einzelne Weisungen verstoßen, sollten Arbeitgeber dies nicht tolerieren und jedenfalls ein klärendes Mitarbeitergespräch führen, wenn zunächst keine arbeitsrechtliche Sanktion in Form einer Abmahnung folgen soll. Kündigungen sind dann aber im Regelfall auch bei fortgesetztem Verstoß gegen die Weisung nur nach vorhergehender Abmahnung wirksam.

Alternativ hierzu bietet sich eine konsequente Abmahnpraxis im Unternehmen an. Wenn im Fall eines fortgesetzten Verstoßes gegen die Weisung eine Kündigung ausgesprochen werden soll, ist der Ausspruch (mind.) einer Abmahnung im Vorfeld unumgänglich. Daneben hat solch eine Reaktion auch den Vorteil, dass abgemahnte Arbeitnehmer – anders als der nordrhein-westfälische Handwerksmeister – möglicherweise nicht erst nach der Kündigung, sondern schon nach der ersten Abmahnung „Rot“ sehen und sich künftig an die Weisung halten.

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Dr. Bernd Kinzinger

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