Der Entwurf zum BRSG II greift die Ergebnisse des Fachdialogs „Stärkung der Betriebsrente“ auf. Am 18.09.2024 hat das Kabinett einen Gesetzentwurf der Regierung beschlossen, der in das parlamentarische Verfahren gehen soll. Der nachfolgende Beitrag befasst sich mit den aktuell angestrebten Änderungen.
Kollektives Opting-Out
Einem sog. Opting-Out liegt ein so genanntes Obligatorium zugrunde. Dieser Begriff wird für eine verpflichtend angeordnete Entgeltumwandlung verwendet, durch die Teile des Arbeitsentgelts in eine Leistung auf betriebliche Altersversorgung umgewandelt werden. Arbeitnehmer können der Teilnahme an einem solchen System widersprechen, sich also aus diesem „heraus-optieren“ (engl. opt out (of) – sich gegen etwas entscheiden). Bisher konnte dies nur durch Tarifvertrag oder durch Betriebsvereinbarung bei einem entsprechend zugrunde liegenden Tarifvertrag geregelt werden. Nun soll eine Betriebsvereinbarung auch ohne Tarifgrundlage das Opt-Out vorsehen können, allerdings nur dann, wenn das Arbeitsentgelt nicht oder üblicherweise nicht tariflich geregelt ist. Zusätzlich muss der Arbeitgeber einen Zuschuss von 20 % des Umwandlungsbetrages mit einbringen, wodurch auch der Zuschuss nach § 1a Abs. 1a BetrAVG erfüllt werden soll.
Erweiterte Abfindungsmöglichkeiten nach § 3 BetrAVG
Der Entwurf des BRSG II sieht ferner vor, dass die Abfindungsgrenzen des § 3 BetrAVG erweitert werden. Die bisher maßgebliche Grenze von 1 % der jeweiligen Bezugsgröße nach § 8 SGB IV soll auf 2 % der jeweiligen Bezugsgröße verdoppelt werden (entsprechendes gilt für Kapitalzahlungen). Eine laufende Betriebsrente kann mit Zustimmung des Arbeitnehmers in diesem Umfang abgefunden werden, wenn der Abfindungsbetrag an die gesetzliche Rentenversicherung gezahlt wird, damit dort Leistungen begründet werden. Diese Entwurfsregelung steht in der Kritik. Denn der Arbeitnehmer wird einer Abfindung eher zustimmen, wenn er die Zahlung erhält und nicht die gesetzliche Rentenversicherung.
Vorzeitige Inanspruchnahme der Betriebsrente
§ 6 BetrAVG hat bisher dem Arbeitnehmer nur in den Fällen, in denen er eine Vollrente wegen Alters aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezogen hat, auch einen Anspruch auf vorgezogene Betriebsrente eingeräumt. Künftig sollen Arbeitnehmer auch dann die Betriebsrente vorzeitig in Anspruch nehmen können, wenn sie nur eine Teilrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen. Da der Rentenbezug wegen der weggefallenen Hinzuverdienstgrenzen auch im laufenden Arbeitsverhältnis in Anspruch genommen werden kann, wäre auch die Betriebsrente im laufenden Arbeitsverhältnis zu zahlen. In der Vielzahl der Fälle wird diese Zahlung zwar daran scheitern, dass die Versorgungsregelung die Zahlung an das Ausscheiden aus dem Unternehmen bindet, eine Bedingung, die nach der Gesetzesbegründung als zulässig angesehen wird. Bei bereits ausgeschiedenen Arbeitnehmern mit einer unverfallbaren Versorgungsanwartschaft kann der Arbeitgeber sich auf diese Bedingung allerdings nicht berufen. Damit die Arbeitgeber sich auf diese geänderte Situation einstellen können, soll die Neuregelung erst ab dem 01.01.2026 in Kraft treten.
Erweiterte Anschlussmöglichkeiten an Sozialpartnermodelle (SPM) zur reinen Beitragszusage
In der jüngsten Vergangenheit wurden mehrere größere SPM für vereinzelte Branchen eingeführt (Chemie, Banken). Der Gesetzgeber will nun die Teilnahme auch für nicht tariflich organisierte Arbeitgeber weiter öffnen. So soll eine nicht einschlägige tarifliche Regelung zu einem SPM vereinbart werden können, wenn ein für den Arbeitgeber einschlägiger Tarifvertrag dies erlaubt oder wenn die das SPM tragende Gewerkschaft für das Arbeitsverhältnis tarifzuständig ist (z.B. ist die Gewerkschaft ver.di nicht nur für den Bankenbereich, sondern auch für Handel, Dienstleistungen und IT zuständig). Tarifvertragsparteien können ferner an schon bestehende SPM andocken, ohne sich zusätzlich an der Durchführung und Steuerung beteiligen zu müssen, wenn der entsprechende Tarifvertrag dies vorsieht. Weitere Änderungen betreffen organisatorische Themen des SPM.
Wertguthaben und vorgezogene Altersrente
Für Modelle zu Langzeitkonten bzw. Wertguthabenmodelle wird die Neuregelung des Hinzuverdienstes in der gesetzlichen Rentenversicherung nachgezeichnet. Nach § 7c SGB IV können Wertguthaben auch bei Bezug einer vorgezogenen Altersrente bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze in Anspruch genommen werden, ohne einen Störfall auszulösen.
Sonstige Neuregelungen
Weitere Themen des BRSG II betreffen die Fortsetzung von Lebensversicherungen nach der Beendigung von entgeltlosen Zeiten. Für Pensionskassen wird die Abfindung von Rentenanwartschaften unter bestimmten Bedingungen erleichtert, auch für das Versicherungsaufsichtsrecht sieht der Entwurf zu einzelnen Themen flexiblere Regelungen vor. Pensionsfonds sollen zukünftig auch Ratenzahlungen erbringen dürfen. Die steuerliche Förderung von Arbeitgeberbeiträgen der Geringverdiener wird erhöht.
Der Regierungsentwurf wird durch die Anhörungen im Gesetzgebungsverfahren gehen und bedarf der Zustimmung des Bundesrates. Daher ist es nicht ausgeschlossen, dass sich noch Änderungen ergeben, bevor das Gesetz in Kraft tritt.