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von André Schiepel
Sachverhalt: Die Parteien streiten über die Entfristung eines Arbeitsverhältnisses. Der Kläger war von März 2004 bis September 2005 befristet als Arbeitnehmer bei dem Beklagten Arbeitgeber, einem Automobilhersteller, angestellt. Im August 2013 stellt die Beklagte den Kläger erneut ein und befristete das Arbeitsverhältnis nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG. Im August 2015 endete das Arbeitsverhältnis schließlich auf Grund der kalendermäßigen Befristung.
Der Arbeitnehmer erhob hiergegen Entfristungsklage. Er berief sich darauf, dass das Arbeitsverhältnis aus dem Jahr 2004/05 wegen des Vorbeschäftigungsverbotes nach § 14 Abs. 1 Satz 2 TzBfG nun mit der weiteren Befristung im Jahr 2013 zu einem unbefristeten Arbeitsverhältnis geführt habe.
Die Beklagte hat sich in dem Verfahren auf die seit 2011 bestehende Rechtsprechung des Gerichts berufen, nach der eine Vorbeschäftigung dann unschädlich ist, wenn sie mehr als drei Jahre zurückläge.
Entscheidung: Das BAG (Urteil vom 23.01.2019 – 7 AZR 733/16) gab der Klage statt und entfristet das Arbeitsverhältnis.
Es räumte zwar ein, dass nach seiner eigenen bisherigen Rechtsprechung die Vorbeschäftigung unschädlich gewesen wäre. Diese Rechtsprechung könne jedoch nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 06.06.2018 (Beschluss v. 6.6.2018 – 1 BvL 7/14 und 1 BvR 1375/14) nicht mehr aufrechterhalten werden (Das Bundesverfassungsgericht hatte in dieser Entscheidung die Rechtsprechung des BAGs für unwirksam erklärt, weil das BAG damit die Grenzen der richterlichen Rechtsfortbildung überschritten hätte).
Ein Fall der auch nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts möglichen Einschränkungen des Geltungsbereiches des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG sei hier ebensowenig gegeben. Eine solche käme nur in Betracht, wenn die Vorbeschäftigung eine besonders lange Zeit zurückliege, ganz anders geartet war als das folgende befristete Arbeitsverhältnis oder nur von sehr kurzer Dauer gewesen sein.
Einen Vertrauensschutz der Beklagten wegen der bisherigen Rechtsprechung des BAG gebe es nicht. Zwar habe das BAG seit 2011 anderweitig entschieden, jedoch hätte die Beklagte wissen müssen, dass es gegen diese Rechtsprechung eine Verfassungsbeschwerde gab. Dies hätte sie daher bei dem Abschluss des Vertrages mit dem Kläger berücksichtigen müssen.
Hinweis: Das Bundesarbeitsgericht hat insofern nun die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur sachgrundlosen Befristung umgesetzt. Die Entscheidung zeigt, dass das BAG den Arbeitgebern mit seinen Entscheidungen aus 2011 “Steine statt Brot” gegeben hat. Wer sich auf die Entscheidung des BAG zur Vorbeschäftigung verlassen hat, kann sich spätestens seit 2014 wegen der Verfassungsbeschwerde gegen diese Entscheidung nicht hierauf berufen.
Grundsätzlich muss man daher wieder zu der Praxis zurückkehren, die vor der Entscheidung des BAG geübt wurde: es sind die Vorbeschäftigungen bei der Einstellung vorsorglich abzufragen. Die vom BAG genannten Ausnahmefälle bieten keine verlässliche Grundlage für eine Befristungsentscheidung, sie können lediglich grobe Ungerechtigkeiten korrigieren.