Seit dem 01.01.2019 sieht § 1a Abs. 1a BetrAVG einen verpflichtenden Arbeitgeberzuschuss zur Entgeltumwandlung vor: Wenn die Entgeltumwandlung über einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung durchgeführt wird, muss der Arbeitgeber 15% des umgewandelten Entgelts zusätzlich als Arbeitgeberzuschuss an den externen Versorgungsträger leisten, soweit er durch die Entgeltumwandlung Sozialversicherungsbeiträge einspart. Seit dem 01.01.2022 gilt dies auch für bestehende Entgeltumwandlungsvereinbarungen, die vor dem 01.01.2019 geschlossen worden sind. Das Problem: Aus der Zeit vor dem 01.01.2019 existieren vielfach Regelungen in Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen oder arbeitgeberseitigen Versorgungsordnungen, die eine Mischung aus Arbeitgeberbeiträgen und Entgeltumwandlung (bspw. sog. matching-Regelungen) vorsehen. Unklar und umstritten ist dabei, ob bei solchen Systemen der Arbeitgeber für die Zeit ab dem 01.01.2022 zu seinen ohnehin schon zugesagten Finanzierungsbeiträgen zusätzlich den gesetzlichen Zuschuss zur Entgeltumwandlung gem. § 1a Abs. 1a BetrAVG (siehe zuvor) erbringen muss. Für tarifvertragliche bAV-Regelungen hat das BAG mit einem Urteil vom 20.08.2024 – 3 AZR 286/23 jetzt für weitere Klarheit zugunsten der Arbeitgeber gesorgt.
Tarifverträge können von den gesetzlichen Regelungen zur Entgeltumwandlung in § 1a BetrAVG abweichen
In Tarifverträgen kann von verschiedenen Regelungen des BetrAVG abgewichen werden (vgl. § 19 Abs. 1 BetrAVG). Das betrifft u. a. auch die Regelungen zum Anspruch auf Entgeltumwandlung in § 1a BetrAVG und damit den dort in Abs. 1a vorgesehenen Arbeitgeberzuschuss. Aber kann das auch für einen Tarifvertrag gelten, dessen Abschluss zu einer Zeit erfolgte, bevor die gesetzliche Regelung zur Gewährung eines Arbeitgeberzuschusses zur Entgeltumwandlung überhaupt geschaffen wurde?
Im vom BAG zu entscheidenden Fall sah ein seit dem 01.01.2009 geltender Tarifvertrag zur bAV einen arbeitgeberfinanzierten, der Entgeltumwandlung dienenden Altersvorsorgegrundbetrag und die Möglichkeit zusätzlicher Entgeltumwandlung vor. Der Kläger verlangte vom Arbeitgeber zusätzlich den gesetzlichen 15%-Zuschuss zur Entgeltumwandlung gem. § 1a Abs. 1a BetrAVG und machte geltend, der Tarifvertrag sei keine zulässige abweichende Regelung von § 1a Abs.1a BetrAVG i. v. m. § 19 Abs. 1 BetrAVG.
Das BAG hat diese Frage im Urteil vom 20.08.2024 jetzt anders beurteilt und einen Anspruch auf Arbeitgeberzuschuss zur Entgeltumwandlung abgelehnt. Regelungen aus vor dem Inkrafttreten des Gesetzes abgeschlossenen Tarifverträgen, die gegenüber dem gesetzlichen Arbeitgeberzuschuss für Beschäftigte ungünstiger sind, bleiben gültig. Das gilt nicht nur für Regelungen, die einen geringeren Zuschuss vorsehen, sondern auch für solche, die (abweichend vom Gesetz) gar keinen Zuschuss enthalten.
Entscheidend ist: Enthält der Tarifvertrag eine abweichende Regelung?
Entscheidend ist aber auch die Frage, ob der Tarifvertrag tatsächlich eine von § 1a BetrAVG abweichende Regelung enthält. Das ist eine Frage seiner Auslegung. Ein ausdrückliches Abweichen oder Zitieren der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen werden soll, ist nicht erforderlich. Es genügt, wenn sich aus dem Tarifvertrag ergibt, dass von der gesetzlichen Regelung abgewichen werden soll. Hier zeichnet sich ab, dass das BAG die Messlatte nicht zu hoch hängt. In der aktuellen Entscheidung hat es das BAG für ausreichend erachtet, dass der Tarifvertrag eigenständige Regelungen zur Entgeltumwandlung enthält und dabei keinen Anspruch auf einen Arbeitgeberzuschuss vorsieht.
Ein wichtiger Hinweis zum Schluss: die Klarstellung durch das BAG gilt nur für Tarifverträge. Mit Betriebsvereinbarungen oder arbeitsvertraglichen Regelungen (z. B. Gesamtzusagen) kann vom BetrAVG nicht zum Nachteil der Arbeitnehmer abgewichen werden. Der Arbeitgeberzuschuss zur Entgeltumwandlung kann hier nicht ausgeschlossen werden. In diesem Bereich stellt sich eher die Frage, ob in älteren Betriebsvereinbarungen/Versorgungsordnungen enthaltene Arbeitgeberleistungen auf den gesetzlichen Zuschuss zur Entgeltumwandlung anrechenbar sind. Auch hierzu wird das BAG in anstehenden Verfahren in diesem Jahr vermutlich weitere Hinweise geben. Es gilt daher: Fortsetzung folgt!