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Betriebsrat – dauerhafte Überlassung von Bruttoentgeltlisten

von Katharina Delling-Pfab

Sachverhalt: Die Beteiligten stritten um die Überlassung von Bruttoentgeltlisten. Unter Hinweis auf das Entgelttransparenzgesetz, seine Förderaufgabe nach § 80 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG sowie seine sonstigen betriebsverfassungsrechtlichen Überwachungspflichten und das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG machte der Betriebsrat die dauerhafte Überlassung von Entgeltlisten für den aktuellen Monat sowie die fünf Monate zuvor geltend. Die Entgeltlisten sollten insbesondere nach Zugehörigkeit zum Geschlecht sowie den verschiedenen Entgeltbestandteilen aufgeschlüsselt sein.

Entscheidung: Sowohl die Vorinstanzen als auch das BAG (Urteil v. 29.09.2020 – 1 ABR 32/19) lehnten den Antrag des Betriebsrats auf die dauerhafte Überlassung der Gehaltslisten als unbegründet ab. Zum einen sei schon kein Aufgabenbezug des Betriebsrats zu erkennen, zum anderen begründen sowohl § 80 Abs. 2 S. 2 Halbsatz 2 BetrVG als auch die sonst geltend gemachten Anspruchsgrundlagen höchstens einen Anspruch auf Einsichtnahme in die Entgeltlisten und nicht auf Überlassung.

Der Aufgabenbezug des Betriebsrats wurde seitens des BAG verneint, da der Betriebsrat nicht darlegen konnte, weshalb die Einsichtnahme in die Entgeltlisten für einen in der Vergangenheit liegenden Zeitraum zur Durchführung seiner Aufgaben erforderlich ist. Die Aufgaben des Betriebsrats nach § 80 Abs. 2 S. 2 BetrVG seien vorrangig gegenwarts- und zukunftsbezogen. Für welche Mitbestimmung die Auflistung der Entgeltdaten für die Vergangenheit gebraucht wird, sei nicht ersichtlich gewesen.

Selbst, wenn man aber einen solchen Aufgabenbezug unterstellen würde, ergebe § 80 Abs. 2 S. 2 Halbsatz 2 BetrVG gemäß seinem Wortlaut keinen Anspruch auf Herausgabe der Entgeltlisten, sondern nur auf Einsicht-nahme. Der Wortlaut § 80 Abs. 2 S. 2 Halbsatz 2 BetrVG trage nach Ansicht des BAG den verfassungs- und datenschutzrechtlichen Anforderungen Rechnung.

Auch folge die dauerhafte Herausgabe der Entgeltlisten weder aus dem entgeltlistenbezogenen Einsichts- und Auswertungsrecht des § 13 Abs. 2 S. 1 EntgTranspG noch aus dem Einblicksrecht des § 13 Abs. 3 S. 1 EntgTranspG. Diese Rechte knüpfen an die Zuständigkeit des Betriebsrats hinsichtlich der Beantwortung individueller Auskunftsverlangen nach § 10 Abs. 1 EntgTranspG. Ungeachtet dessen, dass der Betriebsrat schon hinsichtlich dieser individuellen Auskunftsverlangen nichts vorgetragen hat, vermitteln die Einsichts- und Auswertungsberechtigung des § 13 Abs. 2 Satz 1 EntgTranspG sowie das Einblicksrecht des § 13 Abs. 3 Satz 1 EntgTranspG kein Recht auf dauerhafte Überlassung der Listen über die Bruttolöhne und –gehälter, sondern nur auf Einsicht und Auswertung. Das folgt neben Wortlaut und Gesetzessystematik deutlich aus der Entstehungsgeschichte der Normen.

Hinweis:: In einer weiteren Entscheidung vom 29.09.2020 (1 ABR 23/19) lehnte das BAG auch das Begehren des Betriebsrats, monatlich in die Bruttoentgeltlisten Einsicht zu nehmen, ab. Der Betriebsrat konnte nicht darlegen, inwieweit die von ihm vorge-brachten Aufgaben, eine regelmäßige monatliche Einsichtnahme erfordern. Ein allgemeingültiger Anspruch auf turnusmäßige Einsicht in die Brutto-entgeltlisten des Betriebsrats bestehe nicht.

Die Entscheidungen des BAG sind begrüßenswert und zeigen, dass der Arbeitgeber, bevor er seinem Betriebsrat Einsicht in die Entgeltlisten gewährt, das Bestehen eines solchen Anspruchs überprüfen sollte. Gerade mit Blick auf die Erforderlichkeit kann es dem Arbeitgeber gelingen, dem Anspruch des Betriebsrats entgegentreten.

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