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Vorsicht bei der Übernahme von betrieblichen Versorgungszusagen – erhebliches Risiko für den Insolvenzschutz

BAG v. 06.05.2025 – 3 AZR 130/24

 

Kueche03

 

In der Praxis werden Arbeitsverhältnisse und Versorgungszusagen des Öfteren von einem Arbeitgeber zu einem anderen Arbeitgeber übertragen. Dies kann kraft Gesetzes, z.B. als Folge eines Betriebsübergangs oder durch eine einzelvertragliche Vereinbarung erfolgen. In dem entschiedenen Fall war die übertragene Versorgungszusage bei dem übertragenden Arbeitgeber bereits gesetzlich unverfallbar geworden. Der Übernahmevertrag regelte, dass die Versorgungszusage (eine Kapitalzusage) unverändert übernommen wird, die Erteilung einer Neuzusage aufgrund eines Übertragungswerts war nicht betroffen. Einige Monate nach der Übertragung, aber vor Ablauf der 2-Jahres-Frist, gingen sowohl der übertragende als auch der übernehmende Arbeitgeber in Insolvenz. Der Pensions-Sicherungs-Verein („PSV“) wollte von der Versorgungszusage nur den Teil übernehmen, der dem Wert der zum Übertragungszeitpunkt maßgeblichen Beitragsbemessungsgrenze in der Deutschen Rentenversicherung (BBG) entsprach und lehnte eine Sicherung des darüberhinausgehenden Teils (rund € 200.000,00) unter Berufung auf die Regelung des § 7 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 BetrAVG ab. Hiernach besteht ein Anspruch auf Leistungen gegen den PSV bei Zusagen oder deren Verbesserungen, die im Rahmen einer Übertragung in den letzten zwei Jahren vor dem Eintritt eines Sicherungsfalls (Insolvenz) gegeben wurden, bis zur Höhe der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung.

 

Jede Übertragung einer Versorgungszusage führt zu einem Schuldnerwechsel und damit zu einer neuen Zusage

 

Das LAG Köln (Urteil vom 24.04.2024, 5 Sa 457/23) und ihm nachfolgend das BAG haben die Klage des Arbeitnehmers auf Sicherung der gesamten Versorgungszusage abgewiesen. § 7 Abs. 5 BetrAVG solle die sog. Portabilität, d.h. die Übertragung von Versorgungsanwartschaften und Versorgungsverpflichtungen fördern. Eine solche Förderung sei zwar nur bei einem sofortigen Insolvenzschutz nach Übertragung sinnvoll (vgl. BT-Drs. 15/2150 S. 54). Gleichzeitig wolle der Gesetzgeber jedoch auch den PSV vor Missbrauchsrisiken schützen und habe deswegen die 2-Jahresfrist ab Erteilung einer Zusage geschaffen. Für den Fall der Übertragung einer bereits bestehenden Versorgungszusage besteht allerdings auch innerhalb der ersten zwei Jahre nach der Übertragung ein auf den Wert der BBG begrenzter Insolvenzschutz. Dieser gilt nach Auffassung des LAG pauschal und ohne Ansehung der individuellen Interessen und Sachumstände. Es komme nur darauf an, dass ein Austausch des Schuldners vorliege. Weitere Voraussetzungen seien nicht zu erfüllen.

 

Private Insolvenzsicherung bei einer Überschreitung der BBG

 

Für die Praxis bedeutet dies, dass im Rahmen jeder Übertragung einer Versorgungsanwartschaft zu prüfen ist, welchen Wert die übertragene Versorgungsanwartschaft bzw. Versorgungszusage hat. Sofern kein Kapitalwert für die Versorgungszusage vorhanden ist, sollte auf den Übertragungswert nach § 4 Abs. 5 BetrAVG zurückgegriffen werden (Barwert der nach § 2 BetrAVG bemessenen künftigen Versorgungsleistung). Bei einem Überschreiten des Höchstwerts nach § 7 Abs. 5 S. 3 Nr. 2 BetrAVG kann ein umfassender Schutz durch eine zusätzliche private Insolvenzsicherung in den ersten zwei Jahren erreicht werden. Hierfür bieten sich unterschiedliche Lösungsansätze an, wie bspw. eine treuhänderische Sicherung, eine Bankbürgschaft, eine Verpfändung von getrennt verwahrten Wertpapieren, eine Garantie oder andere Instrumente.

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Dr. Brigitte Huber LL.M.

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