Keine Verminderung der regelmäßigen Arbeitszeit bei Wechselschicht an Vorfeiertagen
25.10.2019
Anrechnung des Resturlaubs bei unwiderruflicher Freistellung nach Kündigung zulässig
24.01.2020

Zeitausgleich für Betriebsratsarbeit in der Freizeit

von André Schiepel

Sachverhalt: Der Kläger ist Betriebsrat und streitet mit seiner Arbeitgeberin über Zeitgutschriften auf seinem Arbeitszeitkonto auf Grundlage von § 37 Abs. 3 Satz 1 BetrVG. Der Kläger ist in der vollkontinuierlichen Wechselschicht tätig. Auf eine Woche Frühschicht folgt eine Woche Spätschicht, darauf eine Woche Nachtschicht und sodann eine Freiwoche. Regelmäßig zu Beginn der Wochen liegen Betriebsratssitzungen. Findet die Betriebsratssitzung zu Beginn der Freiwoche statt, stellt die Beklagte den Kläger in der vorhergehenden Nachtschicht unter Fortzahlung der Vergütung für acht Stunden von der Arbeitsleistung frei.

Der Kläger verlangt für die Betriebsratstätigkeit, die er in seiner Freischicht geleistet hat, entsprechende Zeitgutschriften nach § 37 Abs. 3 Satz 1 BetrVG. Der Arbeitgeber ist der Auffassung, dass ein derartiger Anspruch nicht bestehe, da durch die Freistellung in der Nachtschicht vor der Betriebsratssitzung saldiert keine zusätzliche Arbeitszeit anfällt.
Das Bundesarbeitsgericht hatte dem Betriebsrat den Anspruch auf die Zeitgutschriften gewährt.

Nach § 37 Abs. 3 Satz 1 BetrVG habe das Betriebsratsmitglied zum Ausgleich für Betriebsratstätigkeit, die aus betriebsbedingten Gründen außerhalb der Arbeitszeit durchzuführen ist, Anspruch auf entsprechende Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts. Derartige Gründe lägen auch vor, wenn die Betriebsratstätigkeit wegen der unterschiedlichen Arbeitszeiten der Betriebsratsmitglieder nicht innerhalb der persönlichen Arbeitszeit erfolgen kann. Fällt daher die Betriebsratstätigkeit eines in Wechselschicht arbeitenden Betriebsratsmitglieds in dessen schichtfreie Zeit, wird sie daher aus betriebsbedingten Gründen außerhalb der persönlichen Arbeitszeit durchgeführt. Die von der Beklagten vorgenommene Saldierung sei unzulässig. Für den Anspruch aus § 37 Abs. 3 Satz 1 BetrVG sei es nicht erforderlich, dass die persönliche Arbeitszeit des Mitarbeiters insgesamt überschritten werde, vielmehr reiche es aus, dass die Betriebsratstätigkeit in der Freizeit des Betriebsratsmitglieds liege.

Entscheidung: Ausdrücklich hält das BAG (Urteil vom 15.05.2019 – 7 AZR 396/17) fest, dass der Anspruch des Betriebsratsmitglieds auf Freistellung in der Nachtschicht vor der Betriebsratstätigkeit aufgrund von § 37 Abs. 2 BetrVG ebenfalls besteht. Grund für diesen sei eine über-obligatorische Inanspruchnahme des Betriebsratsmitglieds, die es ihm nicht erlaubt, die Arbeitszeit vor den Sitzungen einzuhalten.

Gleichzeitig weist das BAG aber darauf hin, dass es in diesen Fällen zulässig sei, den Freizeitausgleich nach § 37 Abs. 3 BetrVG auf den Zeitraum zu legen, der vor der außerhalb der Arbeitszeit zu erbringenden Betriebsratstätigkeit liegt. Der Freizeitausgleich liege in dem Ermessen des Arbeitgebers. Diesem billigen Ermessen ent-spreche es, wenn der Freizeitausgleich in den Zeitraum gelegt wird, der vor der notwendigen Betriebsratstätigkeit in der Freizeit liegt.

Hinweis:: Die Entscheidung stellt klar, dass es für die Frage, ob ein Betriebsratsmitglied eine Zeitgutschrift nach § 37 Abs. 3 BetrVG erhält, allein darauf ankommt, dass die Betriebsratstätigkeit in der persönlichen Freizeit des Betriebsratsmitglieds stattfindet. Dass es sich dabei um eine notwendige Tätigkeit in der Freizeit handeln muss, ist insofern vorauszusetzen. Unerheblich ist dabei, ob der Betriebsrat seine persönliche Arbeitszeit ansonsten ausgefüllt hat.

Im Einzelfall kann aber die Lösung, die das BAG dem Arbeitgeber anbietet, nämlich den Freizeitausgleich des § 37 Abs. 3 Satz 1 BetrVG für ansonsten dem Betriebsrat frei zu gewährende Zeit zu verwenden, dazu dienen, zumindest einen Teil der Inanspruchnahme auszugleichen.

Alle Anwälte